Evangelische Kirchen in Lankwitz: Intensivierung der regionalen Kooperation

Pfarrerin Barbara Manterfeld-Wormit hat im vergangenen Jahr einen Studienurlaub absolviert, der sich mit dem Thema „Identität in der Region“ befasste.

Wie können Gemeinden unter veränderten Arbeitsbedingungen eine neue Identität entwickeln, ohne die alte vollständig aufzugeben? Welche Herausforderungen stellen sich dabei besonders an den Pfarrerberuf?

Einige Passagen aus der Studienarbeit sind auch für unsere Situation in Lankwitz interessant. Sie können die aktuelle Diskussion bereichern und Ängste im Hinblick auf einen künftigen Pfarrsprengel Lankwitz abbauen.

1.  Notwendige Abschiede
Sicher können und sollen im Zuge der Regionalisierung von Kirchengemeinden in einigen Fällen auch neue Arbeitsbereiche entstehen, weitaus häufiger aber gilt es, ganze Arbeitsbereiche, einzelne Gruppen und Angebote in einer Gemeinde  „abzuwickeln“ und bestenfalls in reduzierter Form auf regionaler Ebene anzusiedeln. Was als „Anpassungsprozess“ daherkommt, bedeutet in Wahrheit Einsparungen und Kürzungen. Diesen schmerzhaften Prozess offen und ehrlich zu kommunizieren, vorzubereiten und nachhaltig zu begleiten, erfordert eine hohe Sensibilität und Professionalität und damit verbunden auch ausreichende personelle Ressourcen. Vor allem aber ist es erforderlich, notwendige Abschiede in Form von Veränderung, Personalabbau, Zentralisierung, Schließung von Gebäuden usw. als zum kirchlichen Leben zugehörig und nicht als vermeidbares Übel zu betrachten. Was wir als Tabuisierung beim Thema Tod und Sterben kennen, ereignet sich auch beim Thema Regionalisierung: Man spricht nicht gerne über den Abbau. 

Auch wird hier deutlich, wie eng die Frage nach der Identität im Pfarramt mit der Frage nach der Gemeindeidentität verknüpft ist: Empfindet Pfarrerin oder Pfarrer den Schrumpfungsprozess von Gemeinden als persönliche Niederlage oder vielmehr als vorgegebene Aufgabenstellung, die es wohl zu gestalten gilt, deren vollkommene Lösung aber nicht in meinen Händen liegt? Gemeindekirchenräte sollten sich Fragen wie diesen intensiver und ergebnisoffen widmen: Was macht unsere Kirchengemeinde eigentlich zu einer lebendigen Gemeinde? Welche Arbeitsbereiche bestimmen unsere Identität und sind daher unaufgebbar? Und vor allem: Ist unsere Gemeinde nur dann gut, wenn sie wächst, oder kann sie vielleicht sogar gewinnen, wenn sie schrumpft und sich dabei wohlüberlegt von Arbeitszweigen und Gruppenangeboten verabschiedet? 

Der Regionalisierungsprozess ist teilweise angstbesetzt. Angst bindet jedoch Kräfte, die dringend gebraucht werden, um die Zukunft von Glaube und Gemeinden zu gestalten. Das offene Bejahen und Integrieren von Phasen des Abbaus und der Umgestaltung in die Identität von Gemeinden würde es den Betroffenen ermöglichen, selbstbewusst Zukunft zu gestalten, statt lediglich den Abbau zu verwalten.

 

2.  Chancen der Region
Es gerät also viel zu selten in den Blick, welche Chance die Region für Gemeinden und Mitarbeiter bietet: Sie sammelt Christinnen und Christen aus der Zerstreuung und vermag es, in Zeiten abnehmender Kirchlichkeit deutliche Zeichen nach außen zu setzen: Regionale Gottesdienste in einer gut gefüllten Kirche vermitteln das Gefühl von Stärke – gegen die tägliche Erfahrung, als Minderheit in einer „glaubensarmen Zeit“ zu leben (EG 136.2). Gemeinsam inszenierte Feste setzen gegen das in der Öffentlichkeit gehandelte Bild einer schrumpfenden Kirche die Erfahrung des „Wir sind viele!“. Regionale Zusammenarbeit befreit Pfarrerinnen und Pfarrer aus der Rolle eines Einzelkämpfenden und ermöglicht ihnen, sich wieder als Teil eines kollegialen Teams zu begreifen, wo wechselseitig Austausch und Unterstützung alltäglich und möglich sind. 

Als überzeugenderes und positiv besetztes Bild für die Region mag darum das Bild einer Fußballmannschaft dienen, die vor einem entscheidenden Spiel noch einmal zusammenkommt, einen Kreis bildet, Schulterschluss übt, um sich auf die eigenen Stärken und Ziele zu besinnen und dann zu tun, wozu sie ihrem Kern nach berufen ist: Spielen! – oder im Hinblick auf kirchliches Handeln: Reformieren!

 

3.  Klärung der Gemeindeidentität und Arbeiten mit Zielen
Jede Ortsgemeinde blickt auf eine individuelle Geschichte zurück, die die aktiven Glieder dieser Gemeinde in ihrem Christ- und Kirchesein meist mehr unbewusst als bewusst geprägt hat. Pfarrerinnen und Pfarrer, die in einen Regionalisierungsprozess eintreten, sehen sich darum vor die Aufgabe gestellt, nicht nur den eigenen Begriff von Gemeinde mit einer Gemeinde vor Ort, sondern mit mehreren oftmals sehr unterschiedlichen Identitäten von Gemeinde in Einklang zu bringen und fruchtbar zueinander in Beziehung zu setzen.

Es reicht aber für Kirchengemeinden nicht länger aus, ihre Identität auf der bloßen, alle Reformbemühungen blockierenden Feststellung „Das war hier aber immer so!“ zu gründen. Die Initiierung eines Leitbildprozesses bzw. einer Aktualisierung eines älteren Leitbildes ist sicher hilfreich, um dabei Abhilfe zu schaffen, reicht allein jedoch nicht aus, da er meist nicht hinreichend konkret geführt wird, um zu einer wirklichen Neuausrichtung und zu umsetzbaren Zielen zu führen.

Das „Arbeiten mit Zielen“, das mit dem Start einer Trainer- und Multiplikatorenausbildung in unserer Landeskirche mittlerweile begonnen hat, setzt genau an dieser Stelle an:

Indem Gemeindekirchenräte ermutigt und befähigt werden, mit Hilfe von außen den Blick weg von bloßer Besitzstandswahrung hin auf möglichst konkrete Ziele zu lenken, gewinnt Zukunft Gestalt. Stimmen die vorhandenen gemeindlichen Angebote mit den Zielgruppen im Gemeindegebiet überein? Werden wesentliche Zielgruppen gar nicht oder nur unzureichend angesprochen? Worauf wollen wir als verantwortliche Kirchgemeinde vor Ort unseren Fokus und Schwerpunkt richten? Leitend darf dabei nicht länger der Gedanke sein: Wie halten wir möglichst lange möglichst viel von unseren Angeboten aufrecht?, sondern: Wo wollen wir als Kirchengemeinde eigentlich in 10, 15, 20 Jahren sein?

 

4.  Blick in die Zukunft
Wo Gemeindeidentität primär auf Zukunft und nicht auf Vergangenheit hin ausgerichtet ist, entstehen neue Handlungsspielräume. Eine Gemeinde, die sich auf diesem Spielfeld sicher und selbstbewusst bewegen kann, wird weniger Schwierigkeiten haben, im Rahmen des Reformprozesses motiviert und angstfrei zu agieren. Sie wird Angebote der Kooperation und Schwerpunktbildung nicht länger als Bedrohung und Infragestellung der eigenen Existenz und Kompetenz erleben, sondern als Möglichkeit der Unterstützung und Entlastung nutzen, um künftig Kräfte nicht auf Nebenschauplätzen, sondern zielgerichtet einsetzen zu können.   

Aus: Kirchenfenster April/Mai 2012

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